Ich wurde jetzt öfter mal danach gefragt, wie das eigentlich mit dem Lektorat läuft. Falls euch das auch interessiert, lest einfach weiter 😊.
1. Schritt: Lektor finden
Zunächst einmal musst du jemanden finden, der dein Buch lektoriert. Das ist der schwerste Schritt, denn das hat bei mir nach langem verzweifelten Suchen letztendlich nur über die Empfehlung einer Bekannten geklappt. Sonst würde ich wohl immer noch suchen.
Aber für euch hier ein paar gute Adressen, die ich damals noch nicht kannte:
www.lektoren.de -> Das ist das Verzeichnis des VFLL (Verband freier Lektoren und Lektorinnen) und mit einem Berufsverband gleichzusetzen. Wer hier Mitglied und somit in der Datenbank ist, muss gewisse Anforderungen mitbringen – man muss schon ein bisschen Erfahrung im Beruf mitbringen. Zum Beispiel entweder in Form von Arbeit im Verlag oder bei Selbstständigen ein gewisser Einnahmesatz im Jahr, mindestens 1.000 lektorierte/korrigierte Normseiten, die auch veröffentlicht wurden.
www.lektorat.de -> Auch ein ganz gutes Verzeichnis.
www.selfpublishingmarkt.de -> Ganz besonders für Selfpublisher zu empfehlen, da dort von anderen Selfpublishern Bewertungen zu den Dienstleistern geschrieben werden können. Diese Bewertungen werden vom Admin überprüft, eine Fälschung durch den Dienstleister selbst ist daher eigentlich eher unwahrscheinlich.
Ganz egal, wo du nach einem Lektorat suchst, sei wählerisch, denn nicht jeder der seine Dienstleistung als Lektor anbietet, ist auch geschult.
2. Schritt: Kontaktaufnahme
Wichtig ist aber, dass du dich schon auf der Website wohlfühlst und auch das Zwischenmenschliche passt. Ob das so ist, merkst du für gewöhnlich schon, wenn ihr das erste Mal kommuniziert. Bei meiner Lektorin hat mich z. B. deren ganz offensichtliche Leidenschaft für Worte gnadenlos überzeugt, und ich bin sehr froh, dass ich sie gefunden habe.
Nachdem ich mich dann bei meiner Lektorin per E-Mail gemeldet hatte, erklärte sie mir erst mal das weitere Vorgehen. Zunächst sollte ich ihr eine repräsentative Textprobe schicken, am besten die ersten drei Seiten des Buches und weitere drei Seiten aus der Mitte – gesagt getan. Exposé und/oder Klappentext sind auch gern gesehen, hatte ich aber nicht. Außerdem wollte sie wissen, wo ich selbst noch Mängel am Text sehe und welche Erwartungen ich vom Lektorat habe. Gar nicht mal so einfach, aber so konnte sie feststellen, ob ihre Arbeitsweise überhaupt zu mir und meinem Text passt, und mich auch schon mal ein Stück weit kennenlernen.
3. Schritt: die Beauftragung
Nachdem meine Lektorin sich die Textprobe durchgelesen hatte, erstellte sie mir ein Angebot, das auf dem geschätzten Arbeitsaufwand beruhte. Fragt auch ruhig von selbst nach einem Probelektorat - auch das wäre möglich gewesen, wie ich später erfuhr. Ob und was das Probelektorat kostet, ist von Lektor zu Lektor etwas anders – mehr als ein kleiner Pauschalbetrag zur Aufwandsentschädigung wird aber selten verlangt. Bei meiner Lektorin hätte ich eine Seite kostenfrei bekommen und mehr Seiten zu einem kleinen Pauschalpreis, welcher aber bei Auftragsvergabe vom Endpreis abgezogen worden wäre.
Was das Angebot selbst anging, so konnte ich wählen, ob ich nur das Lektorat beauftragen wollte oder zusätzlich das anschließende Korrektorat, welches dann ein mit ihr zusammenarbeitender Lektor übernehmen würde.
Was den Preis angeht – ich wusste schon, dass ein Lektorat teuer ist, aber der Preis im unteren vierstelligen Bereich zog mir dann doch erst mal die Schuhe aus. Im Nachhinein habe ich aber verstanden, warum der Preis so ist, wie er ist – und ganz ehrlich? Das ist eigentlich immer noch viel zu wenig, wenn man bedenkt, dass der Lektor deinen Text Satz für Satz unter die Lupe nimmt und wenn nötig überarbeitet. Meine Lektorin berechnet pro angefangener Normseite (das sind 1.500 Zeichen inkl. Leerzeichen), wobei ihre Seitenpreise für das reine Lektorat bei 4,50 € und die für das reine Korrektorat bei 3,00 € beginnen. Mein Lektoratspreis war zwar etwas höher, der Korrektoratspreis durch die Kooperation mit dem anderen Lektor dafür aber günstiger als der reguläre Einstiegspreis. Bevor ihr jeden Dienstleister einzeln abklappert, fragt also erst mal nach Kooperationen – manchmal kommt ihr so günstiger weg.
Also nahm ich den Doppelpack – es sollte ja schließlich ein gutes Buch werden, und überall liest man: Verzichte nicht auf Lektorat und Korrektorat.
4. Schritt: das Lektorat startet
Der Bearbeitungsablauf sieht wohl bei jedem Lektor ein bisschen anders aus, lasst euch vor dem Auftrag einfach mal erklären, wie gearbeitet wird.
Meine Lektorin hat das Manuskript erst mal komplett gelesen und sich alles notiert, worüber sie als „normaler“ Leser gestolpert wäre. Sie achtete dabei auf Logikfehler, Lücken in der Geschichte usw. und überlegte sich auch direkt Verbesserungsvorschläge. Das Ergebnis teilte sie mir dann mit, sodass ich erst mal genug Input hatte, mir überlegen konnte, was ich davon halte, und dann noch das ein oder andere Überarbeitete.
Nachdem ich meine Arbeit offenbar gut gemacht hatte, konnte das eigentliche Lektorat beginnen. Meine Lektorin zog sich zurück und arbeitete die erste Hälfte meines Romans mit Änderungsnachverfolgung durch. Dabei achtete sie auf den Inhalt, die Sprache und den Ausdruck und einen guten Lesefluss, außerdem hat sie die Fehler, die ihr in der Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik auffielen, schon mal korrigiert – der Fokus liegt im Lektorat aber auf den ersten Punkten.
5. Schritt: der erste große Schreck 😊
Ich hatte ja damit gerechnet, dass sie viel korrigieren würde, aber das es SO VIEL wird – darauf war ich nicht vorbereitet. So viel rot haben meine Augen bisher noch nie gesehen … als würden die Seiten bereits im Feuer lodern. Dazu gab es die erste Teilrechnung, deren Höhe ich nun durchaus begann zu verstehen.
6. Schritt: Überarbeitungen
Während meine Lektorin an der zweiten Hälfte weiterarbeitete, begann ich, die erste Hälfte zu überarbeiten. Ich las die Kommentare am Rand, nahm die Änderungen, die mir schlüssig erschienen an, kommentierte aber auch selbst, wenn ich Fragen hatte oder etwas erklären wollte – und ich musste unfassbar oft laut loslachen, weil sie teils einfach so lustige Kommentare schrieb oder wirklich sehr skurrile Sachen in meinem Text fand. Mit ihrer humorvollen Art hat sie mir den Lernprozess wirklich leicht gemacht und es hat ernsthaft Spaß gemacht, mein Manuskript zu überarbeiten. Außerdem spürte meine Lektorin auch genau, wann sie sensibel sein musste, was für mich natürlich wichtig ist, wenn ich mein Baby in fremde Hände gebe. Nach meiner Überarbeitung schickten wir uns die Versionen so lange hin und her, bis keine Fragen und Fehler mehr offen waren, der Roman fertig lektoriert war und die zweite Rechnung anstand.
7. Schritt: das Korrektorat
Als nächstes wurde das lektorierte Manuskript an den Korrektor übergeben, der das Buch ebenfalls komplett durcharbeitete und Rechtschreibung, Grammatik und Zeichensetzung korrigierte – ein guter Korrektor sagt euch aber natürlich trotzdem Bescheid, wenn ihm noch ein Haken an der Story auffällt. Oft ist vor allem das mit der Logik eine Sache der Auffassung. Nach dem Korrektorat musste ich auch hier die gefundenen Fehler bzw. die Änderungen annehmen, und schließlich … hatte ich ein Buch in der Hand, dass bereit für die Welt war.
Nun noch meine 3 wichtigsten Empfehlungen:
1. Tipp: Sympathie
Du arbeitest sehr eng mit dem/der Lektor/in zusammen, sodass es meiner Meinung nach unverzichtbar ist, dass du dich gut mit der Person verstehst. Dein selbst geschriebenes Buch aus der Hand zu geben, ist ein sehr intimes und sensibles Feld, und wenn du jemanden erwischt, der unsensibel ist, kann die Arbeit am eigenen Buch sehr schnell frustrierend werden. Die Person muss einfach zu dir passen. Wenn du auf Smileys und Humor stehst, wird es schwer, mit jemanden zu arbeiten, der supersachlich und ernst ist, und natürlich umgekehrt.
2. Tipp: nachfragen, verstehen, merken
Ein guter Lektor sollte dir anbieten, dass du dich bei Fragen an ihn wenden kann. Nutz das! Frag, lern, frag notfalls noch mal, notier dir alles, was du beim nächsten Mal nicht mehr falsch machen möchtest. Es gibt noch genug andere Fehler, die du stattdessen machen kannst 😊.
3. Tipp: ausgedruckt lesen
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Wenn das Buch fertig ist, drucke es dir aus und nehme es dir nach ein paar Tagen Abstand noch einmal vor. In gedruckter Form hat man oft noch mal ein ganz anderes Gefühl für den eigenen Text. Außerdem sind Lektoren und Korrektoren auch nur Menschen und ein Komma oder ein Buchstabendreher ist schnell mal übersehen.
Und nun, ran ans Veröffentlichen!
Meine Lektorin findest du übrigens hier